WOW. Baby-Boom in Sicht?

Nach viel zu langer Blogabstinenz, kann ich jedoch nun mit einem echten Knüller aufwarten. Um genau zu sein, ist es eine absolute Sensation und wir sind mittendrin, statt nur dabei. Hiermit gebe ich, nicht ohne meinen Stolz zu verhehlen, Folgendes bekannt:

Das erste und einzige Weißstorch-Brutpaar im Westerwald, hat sich auf der Büffel-Beweidungs-Projektfläche niedergelassen. WOW!

Das alleine wäre schon eine Sensation, allerdings muss man nun noch einige Details kennen: Auf diesem Standort war (lobenswerter und vorrausschauender Weise!) zwar ein Mast mit einem Nest-Rohbau installiert worden – doch ehrlicherweise muss man sagen, dass sich jahrelang kein Schwei… ähm Pardon Storch dafür interessiert hat. Bis, ja bis die Büffel im letzten Herbst auf der Fläche tätig wurden. Ja, man muss es zugeben, da wurde tabula rasa gemacht. Was in Herbst und Winter noch ziemlich verboten aussah, ist nun zu neuem Leben erwacht und das gleich in vielfacher Hinsicht: Zum Einen ist das ganze alte Pflanzenmaterial abgefressen, veredelt und wieder dem Kreislauf zugeführt worden. Der Zugang zum Bach wurde freigelegt und die Tümpel verdichtet und vertieft. Im jetzigen Frühjahr ist die Fläche förmlich explodiert, so viele gelb blühende Sumpfdotterblumen und Hahnenfußarten haben sich gezeigt. Ein wunderbares Bild. Da ahnten wir jedoch noch nicht, dass uns noch etwas ganz Anderes blühen würde.

Ich fahre nichtsahnend über den Feldweg in Richtung Weidefläche, da fliegt etwas ser großes und sehr weißes an mir vorbei. Ich konnte es kaum glauben, aber es war ein Storch. Dieser ließ sich auch nicht von mir beirren und machte sich gleich an dem Rohbau zu schaffen. So schnell war ich noch nie aus dem Wagen gesprungen. Ich musste ein Foto machen, damit mich nachher niemand für verrückt hielt. Denn ein Storch beim Nestbau im Westerwald gehört(e) in die Kategorie Geschichten mit Käpt´n Blaubär. So war ich tatsächlich die erste Person, die den Storch gesehen hatte. Ein tolles Gefühl. Außerdem ein wunderbare Honoration der Arbeit meines Teams. Ich bin mir ganz sicher, dass ohne die Büffelbeteiligung kein Storch dort eingezogen wäre. Zu überwuchert und damit unattraktiv war die Fläche. Heute tummeln sich dort viele Amphibien und das stetig verfügbare Dung-Büffet lockt Insekten und damit Vögel an. Ohne Weidetiere ist die Landschaft weniger belebt und von mehr Leben profitieren auch die Wildtiere.

Nun ist tatsächlich auch seine Frau eingezogen und seit geraumer Zeit wird fleißig gebrütet. Niemand kann gespannter sein als ich, was die nächsten Wochen bringen werden. Sind wir uns doch schon sehr nah gekommen, Herr Adebar und ich. So stibitzt er sich immer wieder etwas Material von unserem Heuvorrat, damit das Nest auch wirklich richtig kuschelig wird. Das unterstützen wir liebend gerne und hoffen, dass sich die kleinen Störche wohl fühlen werden. Schließlich wird hier gerade eine Dynastie gegründet, die Eltern werden jedenfalls in den Westerwald zurückkehren und uns hoffentlich noch viele Jahre große Freude bereiten. Ob dann in den nächsten Jahren ein Baby-Boom in der Region zu erwarten ist? Wir werden sehen. Ein Symbol für glückliche Zeiten ist der Storch allemal und ein gutes Omen können wir nach diesen anstrengenden Wochen und Monaten nun wirklich gut gebrauchen. Auf jeden Fall kann ich meinen behornten Freunden voll des Lobes auf die Schulter klopfen und rufen: WOW, Ihr seid die Besten! Tja, was kann man von echten Profis schon erwarten? Ganz genau – nur das Beste!

Räumkommando!

Auff(r)essen statt plattliegen.

„Die haben ja nichts mehr zu Fressen!“ entfährt es manchem, besorgten Spaziergänger. Und ja, es hat tätsächlich unglaublich geräumt. Aber keine Sorge: Wer täglich auf der Wiese unterwegs ist, kann noch so manchen Leckerbissen entdecken – jedenfalls aus Büffelsicht. Natürlich kommen bei uns Menschen, Köstlichkeiten wie verholzte Rasenschmiele oder ein wehrhaftes Schlehengebüsch nicht auf dem Speiseplan. Unsere tierischen Teammitglieder sehen das ganz anders. Und das ist auch gut so! Schließlich reden wir hier von einem Offenlandbiotop, wie es so schön im Fachjargon heißt. Kurz gesagt, ist das einfach eine Fläche ohne höheren Bewuchs, wie Bäume oder Gehölze. Job erledigt – denkt man auf den ersten Blick. Aber es lohnt sich, mal genauer hinzuschauen, was vier Büffel und zwei Huzulenpferde in den nächsten Wochen noch zu tun haben werden.

Als zunächst vier, behornte Gärtner die neue Fläche eroberten, ging es erstmal um Rodungsarbeiten. Im Video „Da ist was im Busch“ bei Barosan eindrucksvoll zu sehen. Und dabei hat jeder Einzelne seine ganz individuelle Technik, die man aber auch erstmal lernen muss. Bei Barosan sah es am Anfang nun wahrlich nicht so professionell wie heute aus. Im Gegenteil – dicke Augen inklusive. Ja, so ein Ast kann ganz schön garstig sein, ein Eigenleben entwickeln und urplötzlich zurück ins eigene Gesicht flitschen. Aua. Wie oft kam ich morgens auf die Weide und fand Barosan vor, der aussah als hätte er Rocky Balboa getroffen. Dabei versuchte er nur ein guter Landschaftspfleger zu werden. Manches Mal war ich sogar live dabei: Bei einem Mal standen Dochia und ich fassungslos da, während Mister B sich einen Ast zu angeln versuchte. Da er viel zu knapp angesetzt hatte und trotzdem immer weiter zog, war klar was jetzt gleich passieren würde. Aua. Dochia und ich rissen die Köpfe hoch und mir entfuhr ein lautes „Neeeiiin!“. Barosan bog den Ast, siegessicher, immer weiter nach hinten – und rutsche ab. Flitsch! Das biegsame Weidengeäst traf mit voller Wucht sein linkes Auge. Dochia drehte sich um und ging davon. Höchstwahrscheinlich hatte sogar sie keine Hoffnung mehr, dass die Gärtner-Karriere Barosans doch noch in Gang kommen würde. Er sah ziemlich verdutzt aus und kniff das Auge zu, das heftig zu tränen begonnen hatte. „Was machst du denn?!“ Mir tat es furchtbar leid, aber anders trat wohl einfach kein Lerneffekt ein. Heute, etliche, dicke Augen und Jahre später, ist er ein waschechter Profi. Ein Bio-Bagger im XXXXL-Format.

Und auf der Fläche gibt es noch Einiges zu tun. Seggenbestände, die noch gekürzt werden müssen. Ecken mit Mädesüß-Hochstauden und verholzte Rohrkolbenbestände. All das muss noch aufgeräumt werden, damit im nächsten Frühjahr neues Leben entstehen kann. Ist der Boden nämlich bedeckt, von einer dicken Schicht aus altem Material, dann haben es die sogenannten Lichtkeimer sehr schwer. Zu undurchdringlich ist die pflanzliche Decke. Zum Glück gibt es jedoch sechs wackere Helden, die das nicht zulassen werden. So wird die Fläche im nächsten Frühjahr bestimmt wieder einige gold-gelbe Blüten der Sumpfdotterblume aufweisen. Dafür sollte das Motto in diesem Herbst jedoch lauten: „Alles muss raus!“. Altbestände sind quasi „Heu auf dem Halm“. Man muss sich die Ration selbst zusammenstellen und sich Gedanken über gesunde Ernährung machen! Aber die Platte wird geputzt und an glänzendem Fell und glänzenden Augen sieht man, dass alles im grünen Bereich ist. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die Hungergrube ist eine Einsenkung der Bauchwand, und wie der Name schon sagt, eine Indiz für – genau Hunger. Sie muss nicht 24/7 gut gefüllt sein, aber selbstverständlich auch nicht ständig sichtbar. Ich habe verzweifelt versucht ein Foto meiner Mannschaft zu finden, auf dem eine Hungergrube mal vernünftig sichtbar ist – was soll ich sagen: es ist mir nicht gelungen.

Das Räumkommando hat also offensichtlich eine ausgeglichene Work-Life-Balance. Das stimmt mich, die menschliche Leitkuh froh – denn wiederkäuende Büffel (siehe Beitragsbild) sind glückliche Büffel. Aufessen statt Plattliegen als Lebensphilosophie – na dann guten Appetit!