Schlacht am Buffet

Gestern war es soweit, das erste Heu des Jahres kam auf den Tisch. Pardon, auf die Wiese. Wer jetzt keine Lust hat weiterzulesen, sollte das noch einmal überdenken. Ja, es klingt unspektakulär, aber die Schlacht am Buffet wird recht schnell abenteuerlich, wenn Büffel mit von der Partie sind.

Das liegt daran, dass der Büffel eine fürchtliche, aggressive, nahezu beängstigende…Hilfsbereitschaft an den Tag legt. Deshalb bin ich dazu übergegangen, um einen möglichst reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, eine Art „Schleusensystem“ aufzubauen. Nein, nicht weil die Hornträger durch das offene Tor abhauen könnten. So dumm ist niemand, sich kurz vor Eröffnung des Buffets vom Acker zu machen. Es ist eher die fanatische Hilfsbereitschaft des Büffels, die mich, die eher schwächliche Spezies vor Herausforderungen stellt: Eigentlich ist es ganz einfach! Das Kunststoffnetz muss vom Heuballen runter. Kein Netz = Guten Appetit. Das wissen auch die Büffel und sind überaus bemüht, die Sache schnell zu erledigen. Also helfen alle mit. Leider. Dabei ist jeder einzelne der Meinung, er könne das am Besten erledigen. Dochia und Florica, die Büffelmädels, versuchen also eine Hornspitze in das Netz einzufädeln, um dann daran zu ziehen. Meistens in entgegengesetzte Richtungen. Schräg gegenüber ist Decebal damit beschäftigt, das Netz mit seinem Riesenhorn aufzuschlitzen. Das erfordert Kraft und großräumige Schwenkaktionen. Dabei hebt er den Ballen meist etwas an und lässt ihn dann wieder auf die Erde knallen. In ihrer strukturierten Vorgehensweise gestört, quittieren das die Damen meist mit eigenen Aktionen. Barosan ist der Meinung, dass man das alles mit roher Kraft erledigen kann. Er schubst und schiebt den Ballen also vor sich her.

Mein „Schleusensystem“ entstand, weil ich selbst einmal in der Schlacht am kalten Buffet kämpfte. Auf mehr oder weniger verloren Posten. Denn dieses Mal musste ich mir alles hart erkämpfen: Einmal manövrierte ich mich unter dicken, schwarzen Köpfen, zwischen vielen Beinen und an etlichen Hörnern vorbei, bis die Lage doch ziemlich unübersichtlich wurde. Die Hilfsbereitschafte erlangte ihren Höhepunkt und wurde mir etwas zu enthusiastisch. Also kletterte ich auf den Ballen, um ihn dann von oben abrollen zu können. Seitdem kann ich problemlos und ohne mich zu blamieren an einem Rodeo teilnehmen. Das Ganze wurde ein Höllenritt. Denn nun war die menschliche Leitkuh aus der Gefahrenzone und man konnte endlich richtig arbeiten – ohne auf schwächliche Konstitution Rücksicht nehmen zu müssen. Ich krallte mich mit einer Hand im Heu fest und versuchte mit der anderen das Netz abzuwicklen. Mich immer um die eigene Achse drehend und Hörnern ausweichend, die urplötzlich wie Speere am Rand hervorschossen. Indiana Jones sank in meiner Achtung: Der Tempel des Todes? Kindergarten! Trotz meiner misslichen Lage, dachte ich noch daran, was für ein Bild ich für mögliche Zuschauer abgeben musste.

Während ich also auf einem wild gewordenen Heuballen mein Bestes gab, standen Kozak und Haiduc einige Meter entfernt und sahen sich das Spielchen an: „Ich habe gleich gesagt, die bleibt länger oben als man denkt!“ „Das lässt sich leicht beim nächsten Ausritt überprüfen!“. Jedenfalls waren sie keine große Hilfe, immerhin wälzte sich aber auch niemand vor Lachen auf dem Boden. Irgendwann lag ich kopfüber, bäuchlings auf dem Heu und ein riesiges Auge blickte mich an. Die letzte Runde Netz rollte ab und ich robbte mich zurück auf den Ballen. Sofort kehrte Ruhe ein. Ich packte das Netz zusammen, stellte mich langsam auf und klopfte mir das Heu aus der Kleidung. Irgendwie wartete ich auf den einsetztenden Applaus. Ich war bereit mich zu verbeugen – aber niemand klatschte. Außer mir eine nasse, rauhe, blaue Zunge ins Gesicht. Barosan bedankte sich. Für das Heu? Oder für meinen heldenhaften Auftritt in der Schlacht ums Buffet – schwer zu sagen. Ist auch egal – na dann Guten Appetit!